Österreichisches Steinschloss nach Normierung von 1781

Details

Zeitraum: spätes 18.- und frühes 19. Jh.
Hersteller: ohne

Herkunft: Österreich

Werkstoff: Schmiedeeisen

Maße: Länge: 17,6cm Breite: 7,5cm Gewicht: 601 gr.

Stempel / Markierungen: Feilstriche auf wesentlichen Bauteilen

Inventarnummer: W126

1. Steinschloss 1781, Hahn in Ruherast, Batterie offen.

Beschreibung

Flaches Steinschloss mit Überziehstollen für den Schwanenhalshahn und (dieser 1781 eingeführt) Feuerschirm. Sog. Pfannenarm, der den Batteriedeckel zu beiden Seiten abstützt (doppelt gelagerte Batterie). Eingeschnittene Wasserrinne an der Pfanne.

Wesentliche (sichtbare) Teile: Schlossblech, Pfanne, Hahn, Feuerschutz, Batterie und Abzugsstange mit Feilstrichmarkierung » IIII « welche die Zusammengehörigkeit der einzelnen Bauteile kenntlich macht. Das Schloss befindet sich in völlig funktionstüchtigem Zustand, alle Teile sind zeitgenössisch.

2. Rückseitige Ansicht, die die Schlosskonstruktion erkennen lässt.

Kontext

Nach dem Österreichischen Erbfolgekrieg nutzte Maria Theresia die Friedenszeit für eine umfassende Reformation ihres Staates sowie des Heeres. Mithilfe neuer, fähiger Berater, wie Graf Haugwitz, gelang es ihr eine umfassende Finanz- und Verwaltungsreform durchzuführen. Denn um Krieg führen und ein stehendes Heer halten zu können, benötigt man letztlich drei Dinge, die der große Habsburger Feldherr Graf Montecuccoli trefflich auf den
Punkt brachte. „Geld, Geld und Geld“. Fehlende Finanzmittel waren das größte Hemmnis des Habsburger Heeres bereits vor dem Erbfolgekrieg. Erst durch regelmäßige Steuereinnahmen konnte an ein geordnetes Heer überhaupt gedacht werden.

Hand in Hand mit der Finanzreformation ging die Reorganisation des Verwaltungs- und Administrationsapartes sowie die Schaffung eines einheitlichen Exerzier-Reglements für die gesamte Infanterie im Jahre 1749 aus der Feder des Grafen Daun stammend. Die Kaiserin zog also die richtigen Lehren aus der Lektion, die ihr Friedrich II. im Erbfolgekrieg gegeben hatte

3. Blick auf die geöffnete Pfanne, deutlich erkennbar die doppelt gelagerte Batterie und die Wasserrinne.

Hierzu zählten nicht nur Desiderate im Ausbildungsstand des Heeres, sondern auch dessen Bewaffnung selbst. Die Einführung der Waffenfamilie von 1748 sollte den Soldaten des Habsburger Heeres eine moderne Bewaffnung in die Hand geben.
Nachdem die Waffenfamilie von 1748 im Jahr 1767 mit der Commiss-Flinte einen konstruktiven Höhepunkt erreichte, wurden in den Folgejahren weitere Verbesserungen umgesetzt, die die Waffenkonstruktion auf den jeweiligen Stand der Technik brachten. 1774 wurde ein grundlegender Fehler des Batterieschlosses (das Steinschloss wird mithin auch als Batterie- oder Flintschloss bezeichnet) beseitigte.

Die auf die Batterieschraube wirkenden starken Federkräfte der Batteriedeckelfeder führten zu Brüchen dieser Schraube, was  zu einem Versagen des Gewehrs an sich führte, da die Waffe nun nicht mehr zünden
konnte. Der nun eingeführte Pfannenarm lagerte die Schraube beidseitig des entsprechenden Öhrs des Batteriedeckels (siehe Abbildung 1 und 5), was der Stabilität deutlich zugute kam.

4. Funktion der Wasserrinne an geschlossener Pfanne visualisiert.

Nun spricht man von einer doppelt gelagerten Batterie, was aufgrund dieses
Pfannenarms realisiert wurde. 1781 wurde das Schloss erneut konstruktiv verbessert, indem man die Pfanne nach hinten verlängerte und in die Verlängerung eine Wasserrinne einschnitt. Diese Rinne leitete bei geschlossener Batterie Regenwasser ab, sodass die Gefahr des Eindringens von Wasser in die mit Pulver gefüllte Pfanne minimiert wurde.

Außerdem wurde mit diesem Jahr der Feuerschirm angebracht, der den Funkenflug bei der Zündung zur Seite deutlich reduzierte. Die in linearer Formation kämpfenden Soldaten standen im Gefecht sehr dicht in Reihen zu mehreren Gliedern tief, gerade der rechte Nebenmann eines Soldaten war dem Funkenflug seines linken Nebenmanns deutlich ausgesetzt, was durch dieses Bauteil ebenfalls minimiert wurde.

Durch die in der Sammlung befindlichen Artefakte lässt sich fundieren, dass fortschauer Gewehre oftmals mit Bauteilen und Baugruppen von Schlachtfeldwaffen zumeist österreichischer Provenienz hergestellt wurden. Dieses Schloss eröffnet innerhalb der Sammlung somit die Möglichkeit eines direkten Vergleiches.

5. Steinschloss 1781, Schloss feuerbereit. Hahn gespannt, Batterie geschlossen.

Text und Bilder Sebastian M. Thiem M.A.

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