Militärische Spundbajonette

Militärische Spundbajonette

Text: Sebastian M. Thiem M.A.

Die militärische Verwendung der Spundbajonette gilt heute gemeinhin als gesichert. Wie sah die militärische Nutzung im Konkreten aus und wie gestaltet sich heute die Quellenlage, die diese Verwendung untermauert? Diesen Fragestellungen sollen im Folgenden bearbeitet werden.

Bevor näher auf die Fragestellungen eingegangen wird, soll die Entstehungsgeschichte dieses Bajonett-Typs kurz umrissen werden. Eng mit der Entstehung des Spundbajonetts sind die Reorganisation des Heerwesens nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und der technische Fortschritt der Bewaffnung verbunden, der Terminus „Spundbajonett“ ist dabei nicht zeitgenössisch, was weiter unten konkretisiert wird. Schon im Dreißigjährigen Krieg ging man dazu über, die bis dahin noch aufgestellten Pikeniere deutlich zu reduzieren. An deren Stelle traten Musketiere, welche, mit der Luntenmuskete bewaffnet, die Hauptlast des Kampfes zu tragen hatten. Rudimentäre Reste der Pikeniertruppen wurden noch zu deren Schutz aufgestellt, ihnen oblag etwa die Abwehr feindlicher Reiterei. Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wurden auch diese rudimentären Reste der Pikeniere sukzessive abgeschafft. Nun stand der Musketier ohne die Deckung der Piken im Feld, was gerade dann prekär wurde, wenn der Lauf gerade leergeschossen war. Gegen Reiterei oder Fußtruppen blieb in dem Fall nur der Griff zum Degen, was aufgrund der schweren Muskete natürlich nur dann möglich war, wenn man sich selbiger entledigte.

Dem Musketier fehlte de facto eine Stangenwaffe, was Langspieß / die Pike war. Abhilfe sollten Schweinsfedern schaffen, die aus dem jagdlichen Kontext stammten. Die Schweinsfedern boten zumeist die Möglichkeit, diese zu sogenannten Spanischen Reitern zu verbinden. Hierzu besaßen die kurzen Spieße im oberen Drittel des Schaftes einen Haken, der das Widerlager des Querbalkens bildete. In die vorgesehenen Löcher dieses Querbalkens wurde eine Anzahl von zumeist über 20 Schweinsfedern gesteckt, die den Spanischen Reiter bildeten. Die physische Kraft des Musketiers, aber auch die Belastungen / Anforderungen im Gefecht, limitierten die Möglichkeiten, Muskete, die nötige Stützgabel, Ausrüstung und Degen sowie zusätzlich eine Schweinsfeder mitzuführen. Konkret fehlte weiterhin eine Stangenwaffe, die die Hauptwaffe – die Muskete – einbezog. Es lag nahe, eine Art Dolch oder langes Messer, die zeitgenössisch in diversen Ausführungen fassbar sind, an der Muskete zu befestigen. Der Vorteil dieser Lösung war eine einfache Transformation der Hauptwaffe zu einer Stangenwaffe, die eine zusätzliche und separat mitzuführende Stangenwaffe unnötig machte. Die Abschaffung der Pikeniere und die Schaffung der Spundbajonette sind demnach als überaus kohärente Vorgänge zu verstehen. Die technische Umsetzung war wenig komplex, Spitzangeln von Messerklingen wurden lediglich mit einem fassspundartigen Holzgefäß versehen. Wie im Fass, konnte der spundartige Griff nun einfach in den Musketenlauf geschoben und dort festgedrückt werden.

 

Evidenzen für die jagdliche Zuordnung

 

Wie eingangs angedeutet, wird das Spundbajonett mithin als rein jagdliche Waffe angesprochen. Generell sind diverse Belege für eine jagdliche Verwendung des Spundbajonetts auf uns gekommen. Diese sind etwa in Form von Gemälden und auch Fotografien überliefert und manifestierten das Bild der „jagdlichen“ Waffe. Jagdlich wurden Spundbajonette tatsächlich noch weit in das 19. Jahrhundert hinein verwendet und finden sich deshalb auf Fotografien des frühen 20. Jahrhunderts, etwa auf einer Aufnahme einer Jagdgesellschaft des spanischen Königs Alfons XIII. Von der iberischen Halbinsel stammen überhaupt viele dieser jüngeren Belege des jagdlichen Spundbajonetts. Etwa verwahrt die Sammlung des Prado Museums in Madrid mehrere Gemälde von Francisco de Goya, die explizit Spundbajonette darstellen. Exemplifizierend sei im Rahmen dieser Arbeit auf zwei dieser Gemälde verwiesen. Eines zeigt König Karl III. in Jagdmontur mit Hund, Gewehr und Spundbajonett.[1] Das Zweite Jagdhunde über einer jagdlichen Ausrüstung, bestehend aus zwei Gewehren, einer Jagdtasche, einem Pulverhorn und einem Spundbajonett im Gehenk.[2] Beide Gemälde entstanden im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts.

Die jagdliche Verwendung ist anhand dieser Quellen hinlänglich tradiert, die Fertigung jagdlicher Spundbajonette muss dementsprechend mindestens im vergleichbaren Zeitraum angesetzt werden, was sich anhand von Sachüberresten für das Spanische Toledo nachweisen lässt. Die Summe dieser Belege dürften letztlich die Annahme einer hauptsächlich jagdlichen Verwendung dieser Blankwaffe unterstützt haben. Dies besonders deshalb, weil Belege für die militärische Nutzung nicht in vergleichbarer Fülle / Qualität vorhanden sind und das Vorhandene weitaus schwerer zugänglich ist.

 

Die militärische Verwendung

 

Ziel dieser Objektgeschichte ist kein ganzheitlicher Abriss über die militärische Verwendung des Spundbajonetts per se, dies würde durchaus den Rahmen einer Monografie füllen. Vielmehr soll sich die Betrachtung auf die Lande des Heiligen Römischen Reiches der Jahre von 1670 bis kurz nach 1700 beschränken, welche thematisch gut zu den musealen Beständen des Heimat- und Handwaffenmuseums Kemnath passen. Aufgrund der Fertigung in wenigen Zentren erübrigt sich eine Unterscheidung in einzelne Teilstaaten. Die militärische Verwendung des Spundbajonetts etwa bei dem Brandenburgisch-Preußischen Fußvolk lässt sich mit dem Ablegen der Piken in Verbindung bringen, was ab den 1690er-Jahren umgesetzt wurde. Ersetzt wurden die Piken durch Musketen, was aufgrund von Fehlbeständen nicht zügig umzusetzen war. Ebenfalls traten nun schrittweise Flinten hinzu, welche nach und nach den Truppen zugeführt wurden. Bei den Musketen handelte es sich um ordinäre Luntenschlossmusketen, bei Flinten handelt es sich in zeitgenössischer Terminologie um Gewehre mit Steinschlössern. Das 1691 zur Unterstützung gegen die Türken gesandte brandenburgische Hilfskorps führte noch eine größere Anzahl Piken mit ins Feld, das Hilfskorps von 1693 dagegen hatte nur Musketen und Flinten von den Garnissionen mit ins Feld genommen. Der Musterungsbericht des Anhaltischen Regiments nennt das Spundbajonett erstmals im Jahre 1683, was eine Verwendung dieses Bajonett-Typs schon ab den 1680er-Jahren fassbar macht. Besagtes Regiment wurde 1665 als „Fragellisches Regiment“ errichtet, ehe es am 12. Mai 1679 der Fürst von Anhalt verliehen bekam. Ab 1679 trug das Regiment deshalb die Bezeichnung „Anhaltsches Regiment“ und lag in Wesel in Garnison.

Generell lässt sich konstatieren, dass der Terminus „Bajonett“ in diversen zeitgenössischen Quellen tatsächlich dezidiert Spundbajonette bezeichnete, dies gerade vor dem Jahr 1688 als in Frankreich erstmals Dillenbajonette in nennenswerte militärische Verwendung gekommen sind. Doch glichen die Spundbajonette konstruktiv sehr den gängigen Dolchen oder Messern und waren deshalb für Berichterstatter oder Schreiber nicht sofort als „Bajonette“ erkennbar. Demnach finden sich in Quellen auch Termini wie „lange Messer“ oder „Dolche“ in den jeweils verschiedenen Diktionen. Diese Besonderheit lässt sich nur schwer mittels der Werkzeuge der Quellenkritik erschließen, doch muss man davon ausgehen, dass sehr oft Spundbajonette gemeint waren, wenn man in militärischem Kontext – besonders bei der Beschreibung von Musketieren – der Zeit von Objekten wie „Dolchen“ u.dgl. liest. Die besagten Bajonette wurden in Preußen zusammen mit den vorhandenen Schusswaffen geführt, es wurden nicht extra neue Gewehre für die Bajonette angeschafft. Auch die Einführung der Flinten hatte keinen direkten Bezug zu den vorhandenen Spundbajonetten. Der konische Holzgriff ermöglichte eine sehr breite Verwendung, welche allein durch den Durchmesser des Laufes (Kaliber) des Gewehres bestimmt wurde. So fanden sich in den Beständen der Brandenburgisch-Preußischen Truppen Kaliber von 18 bis 20 Millimetern. Für ein Spundbajonett hatte diese differierende und absolut ungleichmäßige Kalibersituation keine Auswirkung, da der konische Griff diese Unterschiede ausglich. Führte ein Musketier eine Luntenmuskete mit einem Kaliber von 20 Millimetern nebst Bajonett, konnte das Bajonett auch noch nach der Umbewaffnung auf die Flinte weiterverwendet werden, welche nun vielleicht ein Kaliber von 18,5 Millimetern aufwies. In dem Falle ließ sich das Bajonett lediglich etwas weniger weit in den Lauf einführen.

Die Verwendung der Spundbajonette lässt sich bei den Brandenburgisch-Preußischen wie auch den kaiserlichen Truppen auf die gemeinen Soldaten eingrenzen. Der Offizier beispielsweise der Brandenburgisch-Preußischen Armee führte in diesen Jahren keine Schusswaffe. Seine Standesattribute waren der Ringkragen, die Schärpe, der Degen und das Esponton beziehungsweise die Partisane. Das Bajonett war also, neben Muskete und dem Gehenk, die Ausrüstung des Fußsoldaten. Realien sind dementsprechend einfach und ohne Zierrat hergestellt. Es finden sich keine gefluteten, gedrehten oder mit Einlegearbeiten versehene Metallteile, respektive Parierstangen. Die Klingen weisen meist einen keilförmigen Querschnitt auf und besitzen im Ort einen Rückenschliff, es kommen jedoch auch diverse andere Klingenvarianten vor. Die Klingenlängen liegen bei den Spundbajonetten aus deutscher oder Habsburger Provenienz oftmals bei weit über 40 Zentimetern. Die Bajonette weisen deshalb durchweg Gesamtlängen von zumeist über 60 Zentimetern auf, womit sich die Musketen oder frühen Flinten in gut zwei Meter lange Stangenwaffen wandeln ließen. Doch finden sich ebenso auch Realstücke, die deutlich kürzer und eher dolchartig ausgeführt sind. In Puncto Länge bietet sich ein Vergleich mit den oben erwähnten Schweinsfedern an. Die preußische Schweinsfeder wird mit einer Länge von sieben Schuh überliefert. Der preußische Schuh ist gleichzusetzen mit dem Fuß, der 0,314 Meter entspricht. Eine 7 Schuh lange Schweinsfeder wäre demnach genau 2,198 Meter lang und entspräche in dieser Gesamtlänge in etwa einer Muskete mit aufgepflanztem Spundbajonett. Die äquivalente Länge beider Waffen ist nicht als Zufall anzusehen sondern ein Beleg dafür, dass beide Typen für einen vergleichbaren Zweck gedacht waren. Freilich ließen sich mit den Musketen nebst Spundbajonetten keine Spanischen Reiter zusammenbauen, doch die Option der Stangenwaffe war bei beiden Waffen die Gleiche. Zu diesem Zweck wurden überdies auch die ehemals bis zu 15 Fuß langen Piken auf rund sieben bis acht Fuß Gesamtlänge gekürzt.

Ein interessantes Attribut der Spundbajonette vorwiegend aus dem Kontext des HRR findet sich an den Parierstangen. Diese sind oftmals dezidiert als Werkzeug ausgeformt und zwar in der Gestalt, dass ein Ende mit einer keilförmigen Spitze versehen und das andere Ende als eine Art Hammer ausgeführt wurde. Mit einer solchen Parierstange konnten der Musketier Feuer- oder Pyritsteine bearbeiten, Schlösser zur Reinigung von den Schusswaffen abschrauben oder andere Tätigkeiten ausführen. Vergleichbare Konstruktionen sind zum Beispiel auch in Frankreich fassbar, diese unterscheiden sich aber in der Formgebung der Parierstangen.

 

Herstellung

 

Die Herstellung gestaltete sich, wie schon angedeutet, nicht komplex. Über die Spitzangeln der einfach gehaltenen Klingen wurden die Parierstangen geschoben und anschließend die gedrechselten konischen Griffhülsen aufgesteckt. Am Griff-Fuß sowie am Griffkopf finden sich oftmals stabilisierende metallene Hülsen, die ein Splittern des Holzes vermeiden sollten. Der konisch zulaufende Griff endet am Griff-Fuß zumeist in einer deutlich abgesetzten Kugel, die ebenfalls aus dem vollen Holz gedrechselt ist. Am Griffkopf sind die Spitzangeln vernietet, die Nietköpfe sind in der Regel nicht verschliffen oder kunstvoll geschlagen. Genau in dieser Gestalt finden sich heute die allermeisten Spundbajonette aus den deutschen Landen.

 

Weiteres zur Quellenlage

 

Eingangs wurde das Aufkommen der Spundbajonette am Beispiel Brandenburg-Preußens exemplifizierend verortet. Am gleichen Beispiel soll nun das Ablegen dieses Waffentyps dargestellt werden, was die Betrachtung somit abrundet. Auch für das Ablegen der Spundbajonette sind Quellen vorhanden, wenngleich diese nur in tradierter Form vorliegen. Es muss davon ausgegangen werden, dass die originalen Schriftstücke spätestens bei der Vernichtung des Preußischen Heeresarchivs in Potsdam (1943/44) verloren gingen.

Bei besagter Quelle handelt es sich um ein Schriftstück, das im Rahmen der 1891 in Berlin publizierten „Mittheilungen aus dem Archiv des Königlichen Kriegsministeriums“ publiziert wurde. Besagte Schriftenreihe wurde geschaffen, um die gesammelten Archivalien des besagten Kriegsministeriums aufzuschließen und einer breiteren wissenschaftlichen Forschung zugänglich zu machen. Parallel zur Veröffentlichung in der Schriftenreihe wurden solche Beiträge auch im damals erscheinenden Militär-Wochenblatt veröffentlicht, was den Wert dieser Ersatzüberlieferungen unterstreicht. Die im Rahmen des besagten Bandes veröffentlichten Vorgänge sind nicht kohärent, sondern umfassen verschiedenste Aufstellungen, Instruktionen, Denkschriften und Abhandlungen der Jahre 1707 bis etwa 1815. Es langen demnach umfangreiche Archivbestände aus mehr als einem Jahrhundert preußischer Militärgeschichte vor, von denen für die damaligen Verfasser als wichtig geltente Archivalien ausgewählt und zur Publikation gebracht wurden.

Das für diese Arbeit wichtige Schriftstück ist unter dem Titel „Ein verschollenes Dienstreglement für die Preußische Infanterie unter König Friedrich I.“ aufgeführt. Einführend wird seitens der Bearbeiter auf den Umstand eingegangen, dass es sich hier wohl um ein Reglement handeln sollte, von dem jedoch, bis auf die publizierten Quellenfragmente, keine weiteren Spuren im Archivbestand erhalten waren, die Veröffentlichung wäre für 1707 geplant gewesen. Es wurde hierzu auch in den Protokollen des „Geheimen Kriegsraths“ geforscht oder nach abgedruckten Exemplaren recherchiert. Beide Wege führten zu keinem Ergebnis. Der veröffentlichte Quellenbestand ist, so es der Titel eigentlich vermuten lässt, jedoch kein fertig ausgearbeitetes Dienstreglement, wie man diese beispielsweise aus der Zeit Friedrichs II. kennt. Es handelt sich um ein Reskript des Königs, welches auf dem 5. April 1707 datiert. In diesem Reskript ist bereits die Absicht zur Abfassung eines entsprechenden Reglements zu erkennen, es sollen vorab jedoch die wichtigsten Punkte mit der Generalität abgestimmt werden. Diese Punkte wurden in Anlage mitsamt dem Reskript an den Fürsten von Anhalt gesandt, welcher die weitere Verständigung mit der Generalität zu übernehmen hatte. Der Text des Reskriptes ist in ausschweifender barocker Sprache tradiert, auch wurden für das frühe 18. Jahrhundert übliche Begrifflichkeiten unverändert übernommen. Dies lässt den Schluss zu, dass die originalen Schriftstücke im Wortlaut für die Veröffentlichung aufbereitet wurden. Der Druck des Quellenstückes erfolgte in der Frakturschrift von Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, der sogenannten Breitkopf-Fraktur. Die 1891 nicht mehr geläufigen Termini sind in lateinischen Letten gehalten. Nachfolgend nun die wichtigen Textpassagen in originaler Abschrift aus besagtem Werk:

 

[…] 3. Die Bagonets sollen zuforderst von gutem Festen Eisen seyn, so daß Sie auf Bedürffeden Fall nicht springen sondern mit gutem Effect gebrauchet werden können; Betr. die Form, so würde desfalls ein Modell vom Commandeur des Regiments zu choisieren, und davon aparte nachricht an die Generalität zu überschicken, undt deren gutachten einzuholen seyn**. Se. Königl. Hoheit des Chron-Printzens Meynung ist, Daß es gut wäre wann die gantze Armée egales Bajonetts hätte, und könten etliche Proben gemachet, daß man aussuchen könne. Unter der Anmerkung „**“ findet sich der Hinweis: **) Vergl. Reskript Charlottenburg 8. Juli 1705. Se. K.M. haben in Gnaden resolvirt, daß hinkünfftig bey den sämbtlichen trouppen die Bajonets auf einerley arth verfertiget und zwar daß dieselbe neben den Lauff gebrachet werden sollen.

 

Der Großteil des Textes lässt sich trotz der barocken Färbung verstehen und ohne weitre Schwierigkeit erschließen. Auffällig ist die differierende Schreibweise des Terminus „Bajonett“. Eingangs verwendete man Bagonets und schließlich Bajonetts und Bajonets, trotz der differierenden Schreibweise sind natürlich stets die Bajonette gemeint ohne den Typ jedoch zu konkretisieren. Heute unüblich ist das Wort choisieren, für das man heute auswählen oder wählen verwenden würde. Entlehnt ist choisieren dem französischen Wort choisir. Der Kommandeur des Regiments hatte demnach ein Modell zu wählen. Dieser hatte dann eine aparte Nachricht hierüber zu übersenden. Spricht der Kronprinz von egales Bajonetts meint er gleichmäßige - einheitliche Bajonette. In der Anmerkung findet sich schließlich das Wort resolvirt, welches mit eine Entschließung fassen und kundgeben zu umschreiben ist. Mit dieser Aufschlüsselung ist es möglich, den Text in einem verständlichen Zusammenhang zu lesen.

Obwohl das vorliegende Textstück recht kurz ist, erlaubt es doch einen weitreichenden Einblick in mehrere Gegebenheiten der Jahre 1705 bis 1707. Die ersten Zeilen geben dahingehend Aufschluss, dass es wohl in der Vergangenheit Probleme mit der Qualität der Bajonette gab, wohl wurde minderes Eisen verwendet oder das Eisen nachlässig geschmiedet / gehärtet. In beiden Fällen kann dies zum „springen“ führen, gemeint war hier das Reißen des Materials in Folge der Spannungen im Gefüge. Auch war der Bajonett-Typ wohl noch nicht fixiert. Es lässt sich aus dem Quellenstück nicht herauslesen, ob nun schon gänzlich Dillenbajonette (neben den Lauff gebrachet) angeschafft oder noch Spundbajonette vorhanden waren. Da die Abschaffung der Spundbajonette schon 1705 fassbar ist und das Schriftstück 1707 abgefasst wurde, liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass verschiedene Bajonett-Typen bei dem Regiment Anhalt-Dessau vorhanden waren. Letztlich sollte der Fürst von Anhalt-Dessau den besten Bajonett-Typ auswählen und diesen zur Begutachtung vorlegen um somit einen Grundstein für die erstrebte Einheitlichkeit zu legen. Dies war ganz klar das Ziel des Kronprinzen, respektive des Königs, in dessen Nahmen Friedrich Wilhelm agierte. Die Affinität Friedrich Wilhelms zum Militär, für die er später berühmt werden sollte, wird bereits hier deutlich. Entscheidend für die militärische Verwendung des Spundbajonetts ist die Anmerkung zum Charlottenburger Reskript vom 8. Juli 1705. Mit diesem Reskript hat der König, also Friedrich I., seinen Entschluss kund getan, künftig Dillenbajonette einzuführen, was das faktische Ende der Spundbajonette bedeutete. Tatsächlich wird es aber eine, durch diese Quelle nicht mehr exakt einzugrenzende, Zeitspanne gedauert haben, bis diese neue Bewaffnungssituation tatsächlich umgesetzt war.

Dieser Exkurs in die Spezifika des militärischen Spundbajonetts lässt dessen Verwendung erkennen und zeigt, dass eine deutliche Abgrenzung zu jagdlichen Exponaten nötig ist. Die Nutzungsphasen sind dabei ebenso unterschiedlich, wie die verwendeten Ausführungen. Ob Spundbajonette und Luntenmusketen noch deutlich nach 1700 in Gebrauch blieben oder zeitnah gegen modernere Konstruktionen ausgetauscht wurden, war eine Sache der Finanzkraft eines Herrschaftsbereichs. Wo genügend Geld vorhanden war, vollzog sich der technische Wandel schneller als dort, wo mangels Kapitäl länger auf ältere Bestände zurückgegriffen werden musste. In den zeitgenössischen Quellen fehlt häufig eine eindeutige begriffliche Zuordnung, die heute aus quellenkritischer Sicht besonders schwierig nachzuvollziehen ist.

 

[1] https://www.museodelprado.es/actualidad/exposicion/carlos-iii-cazador-de-francisco-de-goya/4d10336b-e6fe-4789-bb97-8a989f9326a1?searchMeta=carlos%20iii (letzter Abruf 12.12.2021).

[2] https://www.museodelprado.es/coleccion/obra-de-arte/perros-en-trailla/deec8f34-d84a-4e7b-b7d0-593be9e93f32 (letzter Abruf 12.12.2021).

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