Mangel an Fachleuten

Zu Beginn der Fabrikation herrschte ein spürbarer Mangel an Fachleuten, eine historische Begleiterscheinung, die auch die preußische Manufaktur in Potsdam / Spandau betraf. Um die fixierten Lieferquantitäten befriedigen zu können, mussten Fachleute aus dem Ausland (zumeist Suhl) angeworben werden. Büchsenmacher aus Kemnath, Pressath, Falkenberg, Tirschenreuth, Bärnau, Kirchenthumbach, Auerbach und Amberg arbeiteten für das Armaturwerk. Fuhrleute aus Kemnath und Umgebung übernahmen gegen Entgelt die anfallenden Transporte, was ebenso zu positiven wirtschaftlichen Impulsen führte.

Werk übernahm Lehrgeld

In Fortschau selbst legte man besonderen Wert auf eine eigene Ausbildung von Lehrjungen im Büchsenmacher- und Schäfterhandwerk. Lehrlinge mussten kein Lehrgeld an den Meister zahlen, das Werk übernahm diese Kosten. Zielsetzung war, einen qualifizierten Arbeiterstamm auszubilden, um die angeworbenen "ausländischen" Arbeiter durch eigene Büchsenmacher zuergänzen bzw. diese bei Ausscheiden adäquat ersetzen zu können.

Die eigenen Arbeiter sollten zudem Fähig sein, die zeitgenössisch modernen und technisch anspruchsvollen Steinschlossgewehre zu fertigen.Tatsächlich wurden die überkommenen Luntenschlossgewehre hauptsächlich von den heimischen Büchsenmachern angefertigt, während sich die Suhler Meister im Werk der Produktion der Steinschlossgewehre zuwendeten.

Lieferung nach München, Ingolstadt und Amberg

Die fertigen Gewehre wurden an die Zeughäuser München, Ingolstadt und Amberg geliefert, wobei die Kemnather Fuhrleute wieder den Transport übernahmen. Vorher wurden die Waffen auf ihre Gebrauchstüchtigkeit geprüft. Dies war Aufgabe des Beschaumeisters, eines besonders fähigen Büchsenmachermeisters.

Als der bayerisches Kurfürst durch den spanischen König Karl II. Ende 1691 zum Generalstatthalter der spanischen Niederlande ernannt wurde, verlegte er seine Residenz nach Brüssel und beorderte einen großen Teil des Heeres nach den Niederlanden. Mit dem Truppenabzug fiel der Bedarfsträger fort. Der Sachverhalt, der für die Gründung des Armaturwerks sprach kehrte sich nun in das Gegenteil. Da die Truppen nun in den spanischen Niederlanden standen, war das dortige Großzentrum der damaligen Waffenmanufakturen Lüttich wesentlich näher als das heimische Fortschau, die daraus resultierenden räumlichen Vorteile wurden bereits geschildert. Durch den kurfürstlichen Ankauf in Lüttich sahen sich die heimischen Zeughäuser nicht mehr an das bestehende Ankaufverbot ausländischer Waffen gebunden. Fortschau verlor de facto die Monopolstellung, es lag eine Situation vor, in der mansich plötzlich mit einem übermächtigen Konkurrenten auseinandersetzten musste.

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