Exkurs: Lunten- vs. Steinschloss

Technischer Exkurs: Lunten- versus Steinschloss

Das frühe Frostschauer Fertigungsprogramm glich anderen zeitgenössischen Manufakturenund Verlagssystemen, so zum Beispiel Suhl. Es wurden vorwiegend Musketen mit Luntenschlössern hergestellt, welche seit dem Dreißigjährigen Krieg die Hauptwaffen der Feldtruppen waren.

Der Übergang zum Flint- oder Steinschloss war spätestens seit den 1690er Jahren absehbar, die Hauptfertigung lag um 1700 jedoch noch bei dem Luntenschloss. Diesen Zeitraum mit dem dort eigentlich schon überkommenen System in Verbindung zu bringen, wirft per se einige Fragen auf. Besonders muss geklärt wären, warum trotz des innovativen Steinschlosses noch die überkommenen Luntenschlösser in Fortschau gefertigt und verbautwurden.

  • Zum einen waren Luntenschlösser technisch schlichtweg einfache Konstruktionen, welche ohne große Schwierigkeiten angefertigt werden konnten. Ein Luntenschloss besteht quasi nur aus einer federgelagerten Stange, welche durch Betätigen den Hahn in gleichem Maß bewegt, in dem die glühende Lunte eingespannt ist. Das Betätigen des Abzugsgestänges löst also keine unter Federspannung stehende Verbindung, sondern beweg den Hahn in der Intensität, wie das Abzugsgestänge vom Bediener betätigt wird.
  • Das komplexere und aus weitaus mehr Einzelteilen bestehende Steinschloss war dagegen technisch hoch komplex und sehr schwierig herzustellen, es bedurfte fundierter Fachkenntnisse, die nur Spezialisten besaßen.Um ein funktionierendes Schloss zu bauen, mussten etwa die einzelnen Federn mittels der Härte exakt aufeinander abgestimmt werden. Die jeweiligen Teile des Systems (etwa die Nuß) mussten stimmig angefertigt, gehärtet und händisch in das System eingepasst werden. Nur wenn alle Einzelteile perfekt ineinander griffen und diese homogen geschmiedet und vergütet waren, konnte der unter Federspannung stehende Hahn beim Auslösen genug Energie zur Funkenbildung aufbringen; und nur dann besaßen die Teile auch eine Lebensdauer, die Militärgewehren entsprach.

Bedurfte man (wie im Kurfürstentum Bayern um 1700 gegeben) zeitnah große Quantitäten an Waffen, waren Steinschlossflinten die demnach schlechtere Wahl. Als negativer Effekt der aufwendigen Herstellungsweise trat ein höherer Preis (im Vergleich zu den Luntenschlössern) ein. Zum anderen muss der Kenntnisstand der kurbayerischen Soldaten fokussiert werden. Um 1700 war der Großteil der dienenden Soldaten noch nicht im Stande, komplexe Mechaniken zu verstehen, eine grundlegende Schulbildung gab es noch nicht.

Die meisten Soldaten erhielten zudem eine Ausbildung am Luntengewehr; die Einführung des Steinschlosses hätte in ein Ausbildungsdefizit gemündet. Wollte man den bestehenden Truppen eine Waffe in die Hand geben, die sie sicher beherrschten, blieb nur das Althergebrachte. Dieswaren die Luntenmusketen, mit denen die Väter der Soldaten des Spanischen Erbfolgekrieges bereits im Dreißigjährigen Krieg gekämpft hatten. Der ein oder andere noch lebende Veteran des Dreißigjährigen Kriegesmag deshalb auch 1683 auf den Wällen von Wien oder 1684 vor Ofen mit altvertrauten Waffen gefochten haben.

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